Die Geschichte der Wildpflanzen

Die Geschichte der Ernährung umfasst sowohl Wildpflanzen sammeln als auch Tiere jagen.

Seit Wildpflanzen auf dem Speiseplan standen, also von Anbeginn der Menschheit und noch länger, wurden Rituale praktiziert. Man räucherte um Düfte zu produzieren, um böse Geister zu vertreiben, und zur energetischen Reinigung. Wildpflanzen sollten Krankheiten fernhalten, für Orakel herhalten, oder die Verstorbenen ins Jenseits begleiten.

Hier sind einige Eckpunkte:

  • Vor 1,8 Mio. Jahren

Der homo erectus, der erst aufrecht gehende Mensch, sammelte, wie seine gebückten Vorfahren Wildpflanzen. Nur, dass er, im Unterschied zu ihnen, auch noch zu jagen anfing.

  • Vor 200.000 Jahren

Der homo sapiens, der heutige Mensch, sammelte und jagte.

  • Vor 50.000-5.000 Jahren

In der Alt- und Mittelsteinzeit lebten die Menschen als Jäger und Sammler. Sie jagten Tiere, und sammelten Wildkräuter und deren Früchte.

  • Vor etwa 12.000 Jahren

Mit Beginn der Jungsteinzeit (auch Neolithikum genannt), begannen die Menschen sesshaft zu werden. Sie jagten und sammelten weiterhin, züchteten aber auch Vieh und bebauten Äcker.

  • Vor etwa 5.000 Jahren

Die Menschen hörten auf zu jagen und zu sammeln. Sie lebten jetzt auschließlich von Viehzucht und Ackerbau. Wildpflanzen standen auf dem Speiseplan ebenso wie Fleisch. Man baute zwar an, aber Wildpflanzen.

  • Frühes 12. Jh.

Das erst deutsche Heilpflanzenbuch erschien: das Prüller Kräuterbuch – handgeschrieben. Auch die Physica, ein Buch über Naturkunde, von Hildegard von Bingen erschien etwa 1150 n. Chr.

  • Ab dem 17. Jh.

Die Menschen fingen an, Lebensmittel zu kaufen. Es entstand ein Lebensmittelhandel, in dem die Pflanzen für den Konsum angebaut wurden.

  • 1450 bis 1750 erfuhr das Wildpflanzenwissen mit den Hexenverbrennungen einen kleinen Rückschlag.

Nicht jeder wusste noch über Wildpflanzen Bescheid. Wer dieses Wissen hatte, stand in den Augen der „Nichtwisser“ mit dem Teufel im Bunde, und musste eliminiert werden. Am besten verbrannt, weil Feuer läutern sollte.

  • Erfindung des Buchdrucks 1452

Vorhandenes Wissen verbreitete sich nicht mehr nur mündlich, sondern auch schriftlich. So konnte auch jeder, der lesen konnte, dieses Wissen erwerben.

  • 1485

Das erste deutschsprachige Heilpflanzenbuch wurde gedruckt.

  • Frühes 19. Jh.

Mit der Beginn der Industrialisierung wurden immer mehr Lebensmittel „produziert“.

Das gesamte Ernährungsbewusstsein entwickelte sich in eine andere Richtung. Das Fast-Food kam auf. Das Wissen über Wildpflanzen und ihre Einsatzmöglichkeiten wurde zum Glück bei einigen Menschen von Generation zu Generation immer noch weiter gegeben, obwohl dieses Wissen „nicht mehr notwendig“ war. Es gab ja genug Lebensmittel zu kaufen.

Es gab jedoch immer auch Bauern, die möglichst natürlich anbauten.

  • 1933

Die Nationalsozialisten starten eine Kampagne, in deren Verlauf sie tausende von Büchern von jüdischen und anderen politisch unliebsamen Autoren verbrannten.

  • Nachkriegsjahre

Wildpflanzen bekamen den Ruf als Arme-Leute-Essen. Wer kein Geld hatte Lebensmittel zu kaufen, nahm, was die Natur hergab.

  • Mitte des 20. Jh.

Das gesamte Pflanzenwissen geriet fast gänzlich in Vergessenheit. Fast-Food boomte, und immer weniger Menschen hatten Zeit für Wildpflanzen. Es gab jedoch immer -wenn auch dünn gesät- Leute, die sich dafür interessierten. Sie verbreiteten und vermehrten das Wissen

  • 1970ger

Wildpflanzen erschienen jetzt wieder vermehrt auf dem Speiseplan. Diese Entwicklung ist u. a. der Hippie-Bewegung zu verdanken.

  • 1980ger

Pflanzen im Lebensmittelhandel entfernen sich wieder immer mehr von den Wildpflanzen.

Aus den Wildpflanzen wurden die Bitterstoffe wurden weitmöglichst heraus gezüchtet. Obst und Gemüse wurde dank gentechnischer Eingriffe immer größer und wasserhaltiger. Pestizide wurden zum Schutz vor Krankheiten, Fungizide gegen Pilzbefall und Insektizide speziell gegen Schädlingsbefall großzügig gespritzt. Und zum Düngen reichte der natürliche Mist nicht mehr aus. Man griff immer häufiger zu Kunstdünger.

Kurz: Quantität statt Qualität. Die Marktwirtschaft blühte.

Die gentechnische Veränderungen an Obst und Gemüse, chem. Kürzel auf der Zutatenliste (z. B. E605), die niemand verstand, Gewächshausobst- und gemüse und Aromaarmut -all das hat zu einer Änderung im Ernährungsbewusstsein geführt. Für einige wurden Wildkräuter wieder interessanter.

Vegetarische Ernährung gab es zwar schon seit dem 6. Jh. v. Chr., und im 19. Jh. lebte sie regelrecht auf. Veganismus gab es schon 1944 in England. Low Carb (kohlehydratarme) Ernährung wurde in den 1970gern bekannt, gab es wohl aber schon länger. Diese und andere Ernährungsweisen wurden jetzt von immer mehr Menschen praktiziert.

Während vor etwa 20 Jahren jemand, der Wildkräuter von der Wiese sammelte, einen Salat daraus machte und aß, noch als „komisch“ angesehen wurde, wird jemand, der das heute tut, eher neugierig beäugt und wegen seines Wissens fast sogar bewundert.

Das Interesse an Wildkräutern ist nach wie vor relativ gering, aber es steigt. Bücher über essbare und heilkräftige Wildkräuter schießen wie Pilze aus dem Boden. Es gibt Kurse, Lehrgänge, Informationsvideos, Kräuterseiten im Internet (in dem Fall: gelobt sei das Internet!) usw.